Wie der Wärmesektor in der EU CO2-frei wird
Gebäude in der EU zu heizen, benötigt mehr als ein Viertel des Energieverbrauchs in der EU. Diese Energie wird heute weitgehend aus fossilen Brennstoffen gewonnen und nur zu rund 22 Prozent durch erneuerbare Energien gedeckt. Um Klimaneutralität bis zum Jahr 2050 zu erreichen, muss jedoch auch die Gebäudewärme schnellstmöglich aus erneuerbaren Quellen wie Solarthermie oder mit Wärmepumpen erzeugt werden. Dies bedeutet gleichzeitig, dass klimaschädliche fossile Öl- und Gasheizungen schrittweise abgeschaltet werden. Wie dies in den EU-Mitgliedstaaten bzw. für die EU insgesamt umgesetzt werden kann, zeigt eine aktuelle Analyse von Öko-Institut und Prof. Dr. Stefan Klinski für die European Climate Foundation.
Ausstieg aus fossilen Brennstoffen auf Ebene der EU-Mitgliedstaaten
Die Studie zeigt, dass bereits heute zahlreiche EU-Staaten Ausstiegsregelungen für fossile Heizungen erlassen oder geplant haben, die teils wesentlich weiter gehen als das deutsche Recht, nach dem lediglich die Installation von Öl- und Kohlekesseln ab 2026 verboten ist – verbunden mit zahlreichen Ausnahmen. So hat Dänemark bereits 2013 ein Verbot für die Installation von fossilen Öl- und Gaskesseln in neuen Gebäuden erlassen. Auch Österreich verbietet den Einbau von Heizkesseln, die fossile Brennstoffen nutzen, in Neubauten. Slowenien sieht ein Verbot der Installation von fossilen Öl- und Kohlekesseln ab 2023 vor. Irland plant ein Verbot von Ölkesseln in Neubauten ab 2022 und Gaskesseln ab 2025. Die Niederlande haben bereits den Anschluss von Neubauten an das Gasnetz verboten.
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler empfehlen folgende Ansätze für die Verschärfung der nationalen Regelungen. So sollten die Ausstiegsregeln für Heizkessel so kurzfristig wie möglich ansetzen und:
- in schrittweisem Vorgehen alle fossilen Energieträger inklusive Erdgas umfassen,
- sowohl für bestehende als auch für neue Gebäude gelten,
- so genannte Hybridlösungen von fossilen und erneuerbaren Energieträgern ausschließen, um langfristige Abhängigkeiten von teil-fossilen Systemen zu vermeiden,
- Biokraftstoffe, synthetische Kraftstoffe und Wasserstoff möglichst gar nicht oder nur sehr restriktiv handhaben, da deren Verfügbarkeit in der Zukunft ungewiss ist,
- in eine räumliche Wärmeplanung integriert werden, da sich vielerorts für den Ausstieg aus Gas die Schaffung von Systemlösungen auf Basis erneuerbarer Fernwärme anbietet.
EU-Rechtsvorschriften für den fossilen Ausstieg nutzen
In ihrem rechtlichen Teil zeigt die Analyse auf, dass das EU-Recht nationalen Regelungen für den Ausstieg aus fossilen Heizsystemen nicht entgegensteht. Insbesondere kann nicht aus der Festlegung von Energieeffizienzstandards für Heizkessel im Rahmen der Ökodesign-Richtlinie geschlossen werden, dass weitergehende nationale Bestimmungen zum Ausschluss fossiler Brennstoffe eine unzulässige Binnenmarktbeeinträchtigung wären.
Das EU-Recht könnte jedoch selbst, so die Expertinnen und Experten, gezielte Impulse für eine solche Ausstiegs-Strategie setzen. Das ist auf verschiedene Weise möglich:
- EU-Ökodesign-Richtlinie: Innerhalb des Ökodesign-Rahmens können verpflichtende Effizienzstandards für neue Heizkessel so festgelegt werden, dass sie nur noch hocheffiziente Wärmepumpen zulassen und fossile Systeme Schritt für Schritt ausschließen.
- EU-Gebäude-Richtlinie (EPBD): Innerhalb dieser Richtlinie kann zum Beispiel festgelegt werden, dass Gebäude bis zum Jahr 2025 zu einem festgelegten Anteil mit erneuerbaren Energien beheizt werden müssen. Für neue Gebäude könnten Anforderungen formuliert werden, diese vollständig CO2-frei zu heizen.
- Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED): In dieser Richtlinie könnten stufenweise quantitative Ziele für den Einsatz erneuerbarer Energien in Gebäuden festgelegt werden, die heute noch fehlen. So könnte für Neubauten ein Ziel von 100 Prozent erneuerbare Energien festgelegt und für Renovierungen bzw. den Austausch von Heizungsanlagen in Bestandsgebäuden ein festgelegter Zielwert.
- Energieeffizienz-Richtlinie (EED): Hier sollten Sanierungsvorgaben insbesondere für öffentliche Gebäude verschärft werden. So sollten etwa bei größeren Renovierungen oder einem Kesseltausch keine neuen fossilen Heizkessel mehr eingebaut werden. Zudem sollten Regionen und Kommunen bei der Entwicklung strategische Wärmeplanungen unterstützt werden.
„Alle Richtlinien werden aktuell auf EU-Ebene überarbeitet“, sagt Dr. Sibylle Braungardt, Expertin für Klimaschutz im Gebäudesektor am Öko-Institut. „Hier bietet sich ein gutes Zeitfenster, um Alt- und Neubauten EU-weit auf eine klimaschonende Spur zu setzen. Zur Erreichung der Klimaziele im Gebäudebereich kann ein Ausstieg aus fossilen Heizsystemen einen wichtigen Beitrag liefern.“