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Rechtliche Strategien gegen Stickstoffüberschuss

Weniger Stickstoff schützt die Umwelt

Damit unsere Lebensgrundlage – die Vielfalt unserer Landschaft und Tierwelt – nicht durch schädliche Stickstoffüberschüsse zerstört wird, muss der Gesetzgeber im Bund und den Ländern tätig werden. Er muss für Landwirtschaft, Verkehr und Industrie verbindliche Ziele zur Senkung der Stickstoffemissionen vorgeben. Dafür muss ein bundeseinheitliches Stickstoffgesetz eingeführt werden, das verbindliche Ziele für den Eintrag von Stickstoff in die Umwelt festlegt und durch einheitliche Vorgaben die Umsetzung der verstreuten Regelungen zu Stickstoff koordiniert. Mit einer gesetzlichen Verpflichtung wird der Gesetzgeber angehalten, Maßnahmen zur Verminderung auch umzusetzen und die Erreichung der Ziele zu überprüfen.

Dies sind zentrale Empfehlungen einer Studie des Öko-Instituts im Auftrag der Landesregierung Baden-Württemberg. Gemeinsam mit dem Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL) haben die Expertinnen und Experten rechtliche Instrumente und Maßnahmen entwickelt, mit denen der Eintrag von Stickstoff in empfindliche Naturschutzgebiete auf ein umweltverträgliches Maß reduziert werden kann.

Konkrete Maßnahmen zur Vermeidung von Stickstoffemissionen

Das Öko-Institut empfiehlt darin, den Düngereinsatz in der Landwirtschaft zu reduzieren. Dazu sind neben kurzfristig umsetzbaren technischen Maßnahmen aber insbesondere langfristige Maßnahmen notwendig. Zu den technischen und organisatorischen Maßnahmen in landwirtschaftlichen Betrieben, gehören die bodennahe Ausbringung von Gülle und Mist.

„Wir müssen runter von unserem hohen Anteil an tierischen Lebensmitteln und uns fragen, was uns langfristig mehr wert ist – die Massentierhaltung oder der Schutz unserer Lebensgrundlagen“, kritisiert Andreas Hermann, Projektleiter und Jurist am Öko-Institut. „Das ist eine Aufgabe, die alle in der Lebensmittelkette angeht: Landwirtschaft, Schlachthöfe, Molkereien, Lebensmittelhandel aber auch Konsumentinnen und Konsumenten.“

Der Schwerpunkt der Studie für das Land Baden-Württemberg sind die Emissionen des stickstoffhaltigen Ammoniaks in die Luft. Das Öko-Institut beziffert das Potenzial zur konkreten Einsparung von Ammoniak, der unter anderem aus der Düngung und Tierhaltung freigesetzt wird. Neben technischen Maßnahmen sollte der Bund oder das Land den Einsatz von Mineraldünger durch eine Abgabe auf den Stickstoffüberschuss verteuern. Im Vergleich zu einer Mineraldüngersteuer haben die landwirtschaftlichen Betriebe so einen Spielraum, ihre Wirtschaftsweise anzupassen. Denn nicht der Stickstoffeinsatz selbst, sondern nur der Überschuss aus der Bewirtschaftung wird bepreist.

Woher stammt der Stickstoffüberschuss und wie wirkt er?

Seit Jahrzehnten wird weltweit mehr Stickstoff in die Umwelt gebracht als die Erde verkraften kann. Um die Belastungsgrenze unserer Erde einzuhalten, muss international, national und lokal gehandelt werden. Die globale Mineraldüngerherstellung von derzeit etwa 120 Millionen Tonnen muss auf circa 60 Millionen Tonnen pro Jahr sinken.

In Deutschland stammen zwei Drittel der gesamten Stickstoffemissionen aus der Landwirtschaft. Dort vor allem aus Mineraldünger sowie aus Mist bzw. Gülle (sogenannter Wirtschaftsdünger), die aus der Tierhaltung stammen. In der Massentierhaltung fällt davon ein besonders großer Teil an. Insbesondere wenn der Wirtschaftsdünger auf den Feldern verteilt wird, entweicht die Stickstoffverbindung Ammoniak in die Luft. Grenzwerte für diese Luftverschmutzung existieren nicht.

Die Düngeverordnung geht auf das Ammoniakproblem durch technische Vorgaben zur Ausbringung und Einarbeitung von Wirtschaftsdünger ein. Allerdings nicht ausreichend, weil sie vor allem den Grundwasserschutz zum Ziel hat. „Für Stickstoffemissionen in die Luft ist die Stoffstrombilanzverordnung der bessere Regelungsort. Diese Verordnung verwendet die richtige Methode, erlaubt aber mit 175 Kilogramm Stickstoff pro Hektar und Jahr für einen Betrieb einen viel zu hohen Stickstoffüberschuss“, sagt Kirsten Wiegmann. Die Überprüfung der Obergrenze ist schon in der Stoffstrombilanzverordnung angelegt. „Langfristig muss ein deutlich geringer Wert, differenziert nach Betriebsformen, erreicht werden“, fordert die Wissenschaftlerin.

Stickstoffüberschuss: Schleichende Zerstörung unserer vielfältigen Lebensräume

Die schädliche Wirkung von Stickstoffverbindungen erfahren bislang nur bei der Versauerung unseres Grundwassers sowie bei den Gesundheitsschäden durch Autoabgase unsere Aufmerksamkeit. Die Zerstörung von Lebensräumen, die ein Zuviel an Stickstoff nicht vertragen, geht hingen langsam und unbemerkt von statten. So wird beim Düngen insbesondere die Stickstoffverbindung Ammoniak frei, der sich dann über die Luft verbreitet und in der Umgebung über die Jahre „ansammelt“. Diese „Überdüngung“ (Eutrophierung) schädigt „stickstoffempfindliche“ Gebiete, die in ganz Baden-Württemberg vorkommen und das Bild des Landes prägen, wie zum Beispiel Magerwiesen und -rasen oder Wacholderheiden. Pflanzen, die zu viel Stickstoff nicht „vertragen“, verschwinden und mit ihnen die Insekten, die auf sie angewiesen sind.

Studie „Instrumente und Maßnahmen zur Reduktion der Stickstoffüberschüsse“ von Öko-Institut und Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL)