Verhandlungsexpertin Anke Herold über die COP26
Bekommen die Entwicklungsländer die zugesagten 100 Milliarden Dollar pro Jahr für Klimaanpassung und Klimaschutzmaßnahmen? Mit der Beantwortung dieser Frage steht und fällt der Erfolg der nächste Woche startenden Weltklimakonferenz COP26 in Glasgow. 2009 hatten die Industrieländer diesen Betrag zugesagt und beschlossen; im Jahr 2021 fehlen aber immer noch 20 Milliarden.
Diese Einschätzung gibt Anke Herold in der sechsten Episode des Podcasts „Wenden bitte! Der Podcast zu Wissenschaft und nachhaltigen Transformationen“ vom Öko-Institut. Die Wissenschaftlerin ist seit der ersten Weltklimakonferenz 1998 bei fast allen internationalen Klimaverhandlungen dabei gewesen, von 1998 bis 2018 als Verhandlungsführerin der EU für die Bereiche Berichterstattung und Transparenz.
Fehlende Vorbereitungssitzungen
Die diesjährige Weltklimakonferenz sei eine „große Herausforderung“, da die üblichen Vorbereitungskonferenzen nicht in Präsenz stattfanden. „In Glasgow muss ein Thema in drei Sitzungen verhandelt werden, wofür es normalerweise 20 gibt“, sagt die Geschäftsführerin des Öko-Instituts.
Entscheidung über Umfang der Berichtserstattung
Ein wichtiger Verhandlungspunkt in Glasgow werden die so genannten Berichtserstattungstabellen sein, in denen die Länder über ihre Emissionen Auskunft geben – bisher ein Flickenteppich, der die Überprüfung der Klimaziele behindere.
„Es gibt bisher ein zweigeteiltes System zwischen Industrie- und Entwicklungsländern“, sagt Herold. Während die Industrieländer verpflichtet sind, jährlich einen umfassenden Bericht mit 75 Tabellen und Erklärungen abzugeben, seien die neusten Emissionszahlen Chinas von 2014, Indiens von 2016. Und Saudi-Arabien habe letztes Jahr überhaupt den ersten Bericht abgegeben – mit Zahlen von 2012. Das Pariser Abkommen hat ein gemeinsames System geschaffen, aber auf der Detailebene muss man sich noch auf eine einheitliche Linie einigen.
Rolle des Öko-Instituts bei den Verhandlungen
Anke Herold wird über diese Transparenzrichtlinien bei der COP26 verhandeln, ihre Kollegen Dr. Lambert Schneider und Lorenz Moosmann gehören ebenfalls der europäischen Verhandlungsgruppe an. Moosmann verhandelt auch zum Thema Transparenz, Schneider verhandelt zum Thema Kohlenstoffmärkte, insbesondere Artikel 6 des Pariser Abkommens.
Selbst gesetzte Länderziele reichen noch nicht aus
Zur Klimakonferenz haben 116 Staaten neue Ziele vorgelegt. Das Problem sei, dass die globale Erwärmung demnach immer noch zu hoch läge, und zwar bei 2,4 Grad. „Da muss noch mehr nachkommen. Vor allem China und Indien haben noch keine Aktualisierung ihrer Ziele vorgelegt. Australien, Neuseeland, Japan und Russland „haben ein bisschen gemogelt“, so Herold. Diese Länder hätten zwar „neue“ Ziele vorgelegt, jedoch stehe dort „nichts Neues drin“.
Wissen statt Alltagsberatung
Der Podcast „Wenden bitte!“ des Öko-Instituts richtet sich an alle mit politischem und ökologischem Interesse aus Politik, Wissenschaft, Medien, NGOs und Öffentlichkeit. Den Podcast moderiert Nadine Kreutzer, Journalistin und Moderatorin unter anderem mit Schwerpunkt auf Nachhaltigkeitsthemen. 45 bis 60 Minuten spricht sie mit Mandy Schoßig, Leiterin Öffentlichkeit & Kommunikation, und jeweils einem Gast über anstehende Nachhaltigkeitstransformationen – genug Zeit für die neue „Langstrecke der Umweltpodcasts“.
Die Episoden 1 bis 6
Der Podcast ist erhältlich auf allen gängigen Podcast-Portalen – etwa bei Apple Podcasts sowie bei Spotify
Zum Podcast auf der Website des Öko-Instituts mit Shownotes und weiteren Hintergrundinformationen