Versorgungssicherheit als Herausforderung für Energiepolitik in Europa
Am 29. November 2000 hat die Europäische Kommission das Grünbuch "Hin zu einer europäischen Strategie für Energieversorgungssicherheit" angenommen und zu einem breit angelegten Diskussionsprozess aufgerufen. Zur Strukturierung der Debatte hat die Kommission dabei einen Katalog mit 13 Fragen vorgelegt. Sowohl der Text des Grün-buches als auch der Fragenkatalog nehmen zwar die Frage der Energieversorgungssi-cherheit zum Ausgangspunkt, lassen sich jedoch auch als Aufriss einer gemeinsamen europäischen Energiepolitik lesen. Neben der grundsätzlichen Frage nach umfassenden energiepolitischen Kompetenzen für die Europäische Unionen stehen dabei auch die Fragen nach einer Neubewertung der Kernenergie sowie der Interaktion mit den Feldern der Liberalisierungs- und Klimaschutzpolitik im Zentrum der Debatte.
Vor diesem Hintergrund entstanden die hier vorgelegten Eckpunkte zum Thema Ener-gieversorgungssicherheit und europäische Energiepolitik. Dabei wurde darauf verzichtet, explizit auf einzelne Passagen des Grünbuchs einzugehen, bei denen der Autor im Grundsatz oder im Detail zu gegensätzlichen Einschätzungen kommt.
Vielmehr wurde versucht, das unbestrittene Ziel der Versorgungssicherheit als Aus-gangspunkt zu nehmen und auf Querbezüge, Gemeinsamkeiten und Widersprüche zu den Bereichen von Klimaschutz- und Liberalisierungspolitik zu untersuchen. Im Vor-dergrund stand dabei die Frage, welche besonderen Problemstellungen und Prioritäten-setzungen sich gegebenenfalls in der Gesamtsicht dieser drei Politikbereiche ergeben. Insbesondere im Kontext des Fragenkatalogs war dabei natürlich eine Stellungnahme zur implizit und explizit formulierten These unumgänglich, ob und wie eine gemeinsa-me europäische Energiepolitik sinnvoll und notwendig sei.
Auch die Debatte um die Energieversorgungssicherheit erfuhr mit den Ereignissen des 11. September 2001 eine Zäsur. Inzwischen sind im nationalen, europäischen und inter-nationalen Raum eine Vielzahl von Diskussionen und politischen Maßnahmen in Gang gekommen, deren Ergebnisse sich keineswegs klar abzeichnen. Gewiss ist nur, dass wegen des regionalen Bezugs zu wichtigen Öl- und Gaslieferregionen sowie vor dem Hintergrund einer wohl unausweichlichen Neubewertung der Verletzlichkeit moderner und offener Industriegesellschaften auch weitgehende Folgen für Energiepolitik erwar-tet werden können.
Die Erarbeitung und Diskussion des hier vorgelegten Papiers erstreckte sich auf den Zeitraum vor und nach dem 11. September 2001. Soweit wie möglich wurden Bezüge zu dieser politischen Zäsur hergestellt, was jedoch angesichts des fortgeschrittenen Be-arbeitungsprozesses nur ansatzweise und unvollkommen gelingen konnte.