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Kurze Darstellung der Debatte über die Verfügungsrechte an der biologischen Vielfalt im Nord-Süd-Kontext

Wem gehört die biologische Vielfalt?

  • B. Tappeser
  • A. Baier

Die mit der Intensivierung der Züchtung und dem weltweiten Erfolg von Hochleistungssorten einhergehende Erosion genetischer Vielfalt innerhalb einer Art, aber auch der durch die Industrialisierung und Umweltverschmutzung allgemein bedingte Artenverlust, der seit der fünfziger Jahre ein bedrohliches Ausmaß zeigt, führte schließlich 1992 auf dem Weltumweltgipfel von Rio de Janeiro zur Verabschiedung der Konvention zur Biologischen Vielfalt. Damit ist erstmals ein international verbindliches Übereinkommen verabschiedet worden, welches alle Mitgliedsländer verpflichtet, Maßnahmen zum Schutz der biologischen Vielfalt zu ergreifen. Bis Mitte 1999 wurde die Konvention von 175 Staaten unterzeichnet. Damit hat die Konvention mehr Mitgliedsstaaten als die Welthandelsorganisation (134). Die USA sind der Konvention u.a. aufgrund intensiver Lobbyarbeit der amerikanischen Biotechnologieindustrie nie beigetreten.

Unter der Federführung der FAO (Food and Agriculture Organization – Lebensmittel und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen) war bereits 1983 ein internationales Abkommen geschlossen worden, das sich speziell der Erhaltung pflanzengenetischer Ressourcen widmet. Dieses „International Undertaking for Plant Genetic Resources“ ist allerdings bisher rechtlich nicht bindend. Seine Überarbeitung wurde 1993 beschlossen. Mit der technischen Konferenz zu pflanzengenetischen Ressourcen, die 1996 in Leipzig stattfand und im Rahmen des „Undertaking“ veranstaltet wurde, ist ein wichtiger Schritt hin zur Integration dieser beiden internationalen Abkommen gemacht worden. Die Überarbeitung soll bis Ende 2000 abgeschlossen sein und zu einem rechtlich verbindlichen Vertragswerk führen, das möglicherweise unter die Konvention zur Biologischen Vielfalt gestellt wird.

Mit der Verabschiedung des Biosafety Protokolls im Januar 2000, welches den internationalen Handel mit gentechnisch veränderten Organismen regelt, wurde erstmals das Verhältnis eines Abkommens unter der Konvention zur Biologischen Vielfalt zu den Verträgen der WTO und des GATT geklärt. Man hat sich geeinigt, die Abkommen sich gleichwertig gegenüberstehen zu lassen.

Die hier kurz angesprochenen Vertragswerke sind die zentralen internationalen Instrumente und Foren, auf denen um den Status der biologischen Vielfalt gerungen und um den angemessenen Umgang damit gestritten wird. Hier prallen die Interessen der Industrienationen und der Entwicklungsländer aufeinander und streiten die Nichtregierungsorganisationen weltweit um ernstzunehmende Erhaltungsbemühungen und eine das Adjektiv verdienende nachhaltige Nutzung der biologischen Vielfalt.

Im folgenden werden daher diese verschiedenen Abkommen kurz vorgestellt und ihre wichtigsten Aussagen zusammengefasst. Es soll deutlich werden, welche Widersprüche und Inkohärenz zwischen den verschiedenen Abkommen anzutreffen sind und was die politischen Schwerpunkte der Auseinandersetzung sind.