Spenden

Die zweite Phase der Energiewende: Kohleausstieg, Effizienzsteigerung und ein erneuerbares Stromsystem

Wie soll die Zukunft der Energieausrichtung aussehen? Passend zur Earth Hour stellen wir hier unsere Vision für eine zuverlässige, bezahlbare und umweltverträgliche Energieversorgung vor.

Anlässlich des 40. Jubiläums des Öko-Instituts im November 2017 haben wir zurückgeblickt und uns gefragt, was wir in den letzten vier Jahrzehnten erreicht haben. Wie haben sich Gesellschaft und Umwelt verändert? Und wie wir selbst?  Aber wir lenkten unseren Blick auch aufs Heute und die Zukunft: Wie sieht die Umweltbelastung aus, wo steht unsere Gesellschaft in Sachen Nachhaltigkeit? Was sind absehbare, möglicherweise nur noch schwer beeinflussbare Entwicklungen? Welche Visionen haben wir? Und welche Wege führen dahin? In unserem Zukunftspapier „Heute. Morgen. Zukunft. Visionen und Wege für eine nachhaltige Gesellschaft“ haben wir versucht, diese Fragen zu beantworten. Für uns,  für die Gesellschaft und für eine Diskussion über eine nachhaltige Zukunft. In loser Folge präsentieren wir in diesem Blog einzelne Kapitel aus dem Zukunftspapier. In diesem Beitrag stellen wir unsere Vision zum Handlungsfeld Energie vor.

Um den globalen Temperaturanstieg gegenüber dem vorindustriellen Zustand auf 1,5 Grad Celcius zu begrenzen, muss unsere Lebens- und Produktionsweise schnellstmöglich treibhausgasneutral werden – der Ausstieg aus den fossilen Energieträgern Kohle, Öl und Gas ist unverzichtbar. Vor allem die Energieversorgung muss sich grundlegend ändern: durch den Ausbau der erneuerbaren Energien und eine höhere Energieeffizienz. Deutschland hat als Industrieland mit einem historisch und gegenwärtig hohen Treibhausgas-Ausstoß eine besondere Verantwortung, die Energiewende weiter voranzutreiben. In ihrer ersten Phase hat die Bundesrepublik vor allem im Stromsektor einen deutlichen Ausbau der erneuerbaren Energien erreicht. In Zukunft müssen jedoch auch im Wärme- und Verkehrssektor deutlich mehr erneuerbare Energien eingesetzt werden. Je nach Szenario steigt dadurch der Stromverbrauch in einer Größenordnung von 50 bis 100 Prozent und mehr an. Die Nachfrage muss daher möglichst begrenzt, Energie viel effizienter genutzt werden. Denn je weniger Strom produziert werden muss, desto weniger Fläche und Ressourcen braucht der Ausbau erneuerbarer Energieanlagen.

 

Eine zuverlässige, bezahlbare und umweltverträgliche Energieversorgung

<o:p></o:p>

Die Energieversorgung ist in unserer Vision klimaverträglich, umweltfreundlich, zuverlässig und wirtschaftlich. Energie wird effizient eingesetzt, ist für alle zugänglich und bezahlbar. Der Stromsektor spielt inzwischen auch für den Wärme- und Verkehrssektor eine entscheidende Rolle. Die Stromerzeugung ist sauber geworden; wir haben die Welt der rauchenden Kraftwerksschornsteine hinter uns gelassen. Atom- und Kohlekraftwerke gehören der Geschichte an. Stattdessen wandeln wir vor allem Wind- und Sonnenenergie in Strom um. Biomasse aus Rest- und Abfallstoffen wird vorrangig stofflich genutzt – so etwa als Rohstoff für die chemische Industrie – und trägt nur in begrenztem Maße zur Energieerzeugung bei. 2025 ist Strom bereits zu mehr als 50 Prozent erneuerbar. Die Stromerzeugung aus Braun- und Steinkohlekraftwerken sinkt bis 2030 mindestens auf ein Viertel der heutigen Produktion, 2035 werden die letzten Kohlekraftwerke stillgelegt. Spätestens 2050 wird der gesamte Strom zu 100 Prozent mit erneuerbaren Energien und ohne Treibhausgasemissionen erzeugt. Zur Umweltverträglichkeit gehört neben dem Klimaschutz ebenso, dass der Bau regenerativer Energieanlagen möglichst wenig Flächen und Ressourcen verbraucht. Dies ist durch eine ambitionierte Effizienzpolitik für Energieerzeugung und -nutzung gelungen. Speicher und Lastmanagement helfen dabei, den Stromverbrauch zu flexibilisieren und an die fluktuierende Energieerzeugung aus erneuerbaren Quellen anzupassen, die abhängig davon ist, ob die Sonne scheint oder der Wind weht. Die deutsche Energiewirtschaft hat sich weiterentwickelt: Es gibt deutlich mehr regionale und dezentrale Produzenten; viele Akteure verdienen an der Energiewende. Verteilnetzbetreiber und Energiedienstleister haben eine größere Rolle übernommen. Das nationale und europäische Stromnetz wurde weiter ausgebaut, um Nachfrage und erneuerbare Stromproduktion regional und europaweit auszugleichen. Die Ausbaukosten für erneuerbare Energien sind weiter gesunken. Für die Betreiber der großen Zahl unterschiedlicher Einrichtungen – so Stromerzeugungsanlagen oder Speicher – gibt es nun belastbare Rahmenbedingungen zur Refinanzierung der Investitions- und Betriebskosten. Gleichzeitig sorgt die neue Organisation des Strommarktes für eine effiziente Koordination und faire Preise für die Verbraucher. Der Import von Kohle, Öl und Gas wurde durch eine höhere inländische Energieproduktion abgelöst, was zu einer größeren Versorgungssicherheit und positiven wirtschaftlichen Effekten führte. Die Bevölkerung unterstützt erneuerbare Energien, sie hat die Bedeutung für die Bewahrung unserer Lebensgrundlagen erkannt. Viele Menschen haben sich in die regionalen Entscheidungs- und Gestaltungsprozesse für den Ausbau von erneuerbaren Energien, Speichern und Netzen eingebracht und schließlich die besten Lösungen vor Ort gefunden.

 

Energie und Energiewirtschaft heute

<o:p></o:p>

Wir haben schon viel geschafft: Der Atomausstieg ist beschlossen; erneuerbare Energien decken aktuell ein Drittel des deutschen Strombedarfs und 13 Prozent der Wärmenachfrage. Im Verkehrssektor werden jedoch nur zu 5 Prozent regenerative Energien eingesetzt und auch darüber hinaus ist der Weg noch weit: So wird Deutschland voraussichtlich deutlich das Ziel verfehlen, bis 2020 die Treibhausgasemissionen um 40 Prozent gegenüber 1990 zu reduzieren. Klima- und Energiepolitik gehören hierzulande zusammen: 85 Prozent aller Treibhausgasemissionen sind energiebedingt, sie gehen auf den Verbrauch im Strom-, Wärme- und Verkehrssektor zurück. 37 Prozent der Gesamtemissionen entfallen auf die Energiewirtschaft, die sowohl die öffentliche Stromerzeugung und die Mineralölraffinerien als auch die zentrale Wärmeversorgung umfasst. Braun- und Steinkohlekraftwerke verursachen zusammen etwa 80 Prozent der CO2-Emissionen von Kraftwerken. An einer Reduktion der Kohleverstromung und einer Stilllegung von Kohlekraftwerken führt daher kein Weg vorbei. Seit Jahren stagniert die Treibhausgasminderung im Stromsektor – trotz des Wachstumskurses der erneuerbaren Energien. Doch ihr Ausbau hat bisher nicht die Stromproduktion in Kohlekraftwerken ersetzt. Diese sind weiter in Betrieb und produzieren für den Export. Denn: Die billigsten Kraftwerke laufen im europäischen Strommarkt am meisten. Das sind ausgerechnet die besonders dreckigen Kohlekraftwerke, von denen besonders viele in Deutschland stehen. Zwar sollte der europäische Emissionshandel für hohe CO2-Emissionskosten und damit für einen weniger wirtschaftlichen Betrieb emissionsintensiver Kraftwerke sorgen. Doch der CO2-Zertifikatspreis ist durch die hohen Überschüsse an Emissionsberechtigungen auf dem Markt seit Jahren zu niedrig, um Emissionsminderungen anzustoßen. Daher bleibt dieses europäische Instrument für den Klimaschutz derzeit wirkungslos. Diskutiert wird in Deutschland durchaus über alternative Instrumente für einen Kohleausstieg. Doch die sehr langfristigen Kapitalstöcke bei Kraftwerken und die ebenfalls sehr langfristigen Planungsprozesse in den Braunkohletagebauen erschweren die politische Steuerung im Stromsektor. Die rechtzeitige Einleitung von ökologischen und energiewirtschaftlichen Anpassungsprozessen bleibt aus, somit verzögert sich auch der für die betroffenen Regionen erforderliche Strukturwandel. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) hat den Ausbau der regenerativen Energien auf immerhin ein Drittel der Stromversorgung erfolgreich finanziert, genügt aber in seiner aktuellen Formulierung des zukünftigen Ausbaupfades nicht, um die Klimaschutzziele zu erreichen. Zudem fehlt eine ambitionierte Effizienzpolitik.

 

Trends und Entwicklungen

<o:p></o:p>

Kostensenkung der erneuerbaren Energien <o:p></o:p>

Die bisherige Energiewende hat die Kosten von Wind- und Solaranlagen in den vergangenen Jahren enorm gesenkt. Aktuelle Ausschreibungsergebnisse zeigen, dass sich die Kosten von On- und Offshore-Windkraft sowie Photovoltaik (auf Freiflächen) angeglichen haben und nur noch 5 bis 6 Cent je Kilowattstunde betragen. Damit liegen die Vollkosten erneuerbarer Energien bereits unter den Kosten für den Neubau konventioneller Kraftwerke. In den USA, Australien, China, Chile oder Marokko sind Solar- und Windstrom inzwischen günstiger als konventionelle Kraftwerke. <o:p></o:p>

Die Kosten für Batteriespeicher sinken ebenfalls kontinuierlich: Seit 2008 sind sie um rund 75 Prozent gefallen, sodass Stromspeicher immer günstiger zur Verfügung stehen und Elektroautos ebenfalls wettbewerbsfähiger werden.

Flexibilisierung und Versorgungssicherheit

Wind und Sonne bilden künftig den Mittelpunkt des Energiesystems. Fossile Kraftwerke werden für eine Übergangszeit weiter Strom erzeugen, doch ihre Rolle wandelt sich. Grundlastkraftwerke werden schon heute weniger und künftig gar nicht mehr benötigt. Vielmehr produzieren fossile Kraftwerke in „Teilzeit“ nur dann, wenn Wind und Sonne nicht ausreichend zur Verfügung stehen. Mit Hilfe von Speichern kann die Deckung der Stromnachfrage aus erneuerbarem Strom erhöht werden, indem überschüssiger Strom aus erneuerbaren Energien zwischengespeichert und in den Stunden genutzt wird, in denen das erneuerbare Stromangebot selbst nicht ausreicht, um den Bedarf zu decken. Die zunehmende Digitalisierung erlaubt eine flexible und intelligente Steuerung der Stromnachfrage und ein neuartiges Lastmanagement. Die Umwandlung von Strom in gasförmige oder flüssige Brennstoffe (wenn auch mit schlechtem Wirkungsgrad) sowie der Stromhandel mit europäischen Nachbarn sind weitere langfristige Optionen zum Ausgleich von Stromangebot und -nachfrage. Optionen mit niedrigen Energieverlusten sollten zuerst eingesetzt werden: So sind beim Stromtransport die Verluste geringer als bei der direkten Speicherung oder bei der Umwandlung von Strom in Gas. Energieeffizienz und Sektorkopplung Die Bedeutung von Energieeffizienz wird oft betont, dies hatte bisher aber kaum konkrete Folgen. Die im Energiekonzept 2010 beschlossenen Ziele, bis 2020 den Primärenergieverbrauch um 20 Prozent und den Stromverbrauch um 10 Prozent gegenüber 2008 zu senken, werden wahrscheinlich nicht erreicht. Die aktuell niedrigen CO2-Preise spiegeln nicht die wahren langfristigen Kosten der Klimaschäden wider. Außerdem fehlt eine aktive Effizienzpolitik, die ausreichend Investitionsanreize schafft. Energieeffizienz ist in allen Sektoren die Grundvoraussetzung für eine Treibhausgasminderung. Reduzierte Energieverbräuche können langfristig mit erneuerbaren Energien gedeckt werden, etwa mit Sektorkopplungs-Technologien wie Elektromobilität oder Wärmepumpen. Bis zur Vollendung des Kohleausstiegs werden die erneuerbaren Energien aber vor allem benötigt, um Kohlestrom zu ersetzen.

Demokratisierung und Partizipation

Der rasante Ausbau insbesondere von Windenergie und Stromnetzen sorgt für Proteste wegen der Eingriffe in die Landschaft oder Naturschutzkonflikten. Eine Mitsprache der Bürgerinnen und Bürger im Rahmen der Planung und Realisierung neuer Infrastruktur ist entscheidend für eine erfolgreiche Umsetzung. Bei bestehenden Partizipationsmöglichkeiten wird für die Betroffenen jedoch oft nicht ersichtlich, wie ihre Bedenken bei der Projektumsetzung aufgenommen werden. Ein transparenter Gesamtfahrplan sowie nachvollziehbare Varianten und die Vor- und Nachteile der Optionen sollten in einem breiten gesellschaftlichen Dialog diskutiert werden.

Dezentrale Akteure

Das Energiesystem auf Basis erneuerbarer Energien ist dezentraler und durch kleinere Anlagen geprägt als die fossile Welt. Viele neue Akteure erhalten dadurch Zugang zum Energiemarkt. Das EEG hat mit der Förderung des Ausbaus erneuerbarer Energien dazu geführt, dass die bisherigen Energieversorger 2012 nur einen Anteil von zwölf Prozent an der in Deutschland installierten Leistung der erneuerbaren Energien hatten. Federführend sind inzwischen insbesondere Privatpersonen mit 35 Prozent, Landwirte mit 11 Prozent sowie Projektierer mit 14 Prozent. Dezentrale Akteure werden zukünftig ebenso bei der Nachfrageflexibilität und Speicherung eine große Rolle spielen. Dies schafft Chancen für wirtschaftliche Beteiligung, aber auch für die Notwendigkeit wirksamer Koordinationsmechanismen etwa über ein entsprechendes Marktdesign.

Kosten und ihre Verteilung

Ein Stromsystem auf Basis erneuerbarer Energien, in dem Effizienzpotentiale genutzt werden, kostet 2050 laut der erwarteten Energie- und CO2-Preisentwicklungen etwa gleich viel oder sogar weniger als ein fossiles Alternativsystem und würde die externen Umwelt- und Gesundheitskosten drastisch reduzieren. Gerade angesichts der unsicheren Entwicklungen auf den globalen Brennstoffmärkten hat es zudem den Mehrwert, dass die Volkswirtschaft gegen zunehmend schwankende Preise für fossile Energien immun und der Standort Deutschland wettbewerbsfähiger wird. Bisher finanzieren überwiegend die privaten Haushalte den Ausbau der erneuerbaren Energien. Die hohe Einspeisung von erneuerbaren Energien senkt regelmäßig den Preis an der Strombörse. Davon profitiert insbesondere die Industrie, die aber bisher keinen angemessenen Beitrag zur Finanzierung der erneuerbaren Energien leistet. Steigen im Zuge der Energiewende zumindest zeitweise die Energiepreise, sind einkommensschwache Haushalte stärker betroffen als einkommensstarke. Gezielte Energieeffizienzmaßnahmen können dem jedoch entgegenwirken oder sogar dazu führen, dass alle Haushalte von der Energiewende auch finanziell profitieren.

Zentrale Maßnahmen

Für die zweite Phase der Energiewende bleibt viel zu tun, um die Energiewirtschaft treibhausgasneutral zu machen.

Verabschiedung eines Fahrplans für einen definitiven Kohleausstieg

Ein konkreter Ausstiegsfahrplan aus der Kohle schafft Transparenz und Planungssicherheit für Unternehmen, Beschäftigte und die betroffenen Regionen. Bis 2020 sollten alle Kohlekraftwerke stillgelegt werden, die älter als 30 Jahre sind. Die Erzeugung in neueren Kraftwerken sollte bis spätestens Ende 2035 beendet werden. Außerdem sollten Kohlekraftwerke ab dem 21. Betriebsjahr hinsichtlich der CO2-Emissionen optimiert werden, was durch Emissionsstandards, CO2-Bepreisung oder Mindestpreise im Emissionshandel erreicht werden kann.

Übrigens: Neun der 30 Kohlekraftwerke mit den höchsten Treibhausgasemissionen in der EU stehen in Deutschland.

Mitgestaltung des Strukturwandels

Die Kohle-Förderreviere im Rheinland, in Mitteldeutschland und der Lausitz brauchen finanzielle Unterstützung und eine langfristige, verlässliche Planung, um den Strukturwandel aktiv zu gestalten und alternative Beschäftigungsmöglichkeiten zu schaffen.

Ausbau der erneuerbaren Energien

Bisher ist im Rahmen des EEG ein Ausbau der erneuerbaren Energien auf 40 bis 45 Prozent bis 2025 und auf 55 bis 60 Prozent bis 2035 geplant. Dies ist zu wenig, um die Klimaschutzziele zu erreichen. 2025 sollte der Anteil erneuerbarer Energien 50 Prozent und 2035 70 Prozent betragen. Langfristig sollte Strom zu fast 100 Prozent erneuerbar sein. Ausschreibungen für erneuerbare Energien im Rahmen des EEG sollten weiterhin das Ziel der Akteursvielfalt enthalten.

Verteilung der Investitionskosten

Für die Finanzierung des Stromsystems ist es kurz- und mittelfristig wichtig, die privaten Haushalte nicht über Gebühr zu belasten und eine wettbewerbsfähige Industrie zu erhalten. Die bisherigen und noch anstehenden Investitionskosten für die Energiewende müssen sozial gerecht verteilt werden. Die zahlreichen Ausnahmeregelungen bei den unterschiedlichen Finanzierungsmechanismen wie den Netzentgelten oder dem EEG sollten deutlich eingeschränkt werden. Gezielte Energieeffizienzmaßnahmen sollten insbesondere bei einkommensschwachen Haushalten gefördert werden.

Aktive Energieeffizienzpolitik

In einem Energieeffizienzgesetz sollten Ziele für den Strom-, Wärme- und Verkehrssektor verankert und mit wirksamen Maßnahmen flankiert werden. Dazu zählen finanzielle Förderungen, Effizienzstandards, Ausschreibungsprogramme, Bürgschaften oder steuerliche Abschreibungen. Hier sollten mindestens fünf Milliarden Euro pro Jahr an staatlichen Mitteln investiert werden. Diese Maßnahmen sollten die gesamtwirtschaftliche Energieproduktivität um jährlich 2,6 Prozent verbessern.

In der Vergangenheit hat die energieintensive Industrie zu viele kostenlose Zertifikate erhalten.

Wirksame Maßnahmen für CO2-Emissionen

Die Überschüsse an Emissionsberechtigungen müssen abgebaut werden. Dafür muss die EU-Emissionshandelsrichtlinie geändert werden. CO2-Mindestpreise können kurzfristig und gemeinsam mit benachbarten Staaten wie Frankreich eingeführt werden. Falls dies europaweit nicht gelingt, sollten nationale Maßnahmen eingeführt werden, um die CO2-Emissionen zu einer relevanten Entscheidungsgröße bei der Wirtschaftlichkeit der Stromerzeugungsoptionen zu machen. Energierelevante Steuern und Umlagen wie Ökosteuern auf Strom und fossile Energieträger sollten über Sektorgrenzen hinweg vereinheitlicht werden, so dass die CO2-Intensität zum übergreifenden Bewertungskriterium wird.

Die CO2-Intensität bedeutet hier: Brennstoffe mit niedrigen Emissionen haben einen Vorteil gegenüber solchen mit höheren Emissionen.

Ausgestaltung des Strommarktes

Das Strommarktdesign und die Netznutzungsentgelte sollten an eine Energiewirtschaft mit hohen Anteilen erneuerbarer Energien angepasst werden. Das Strommarktdesign muss dafür die Bereitstellung von Versorgungssicherheit durch Kraftwerke, Speicher und Nachfrageflexibilität honorieren. Als erster Schritt sollten die Netznutzungsentgelte so umgestaltet werden, dass sie Nachfrageflexibilität nicht behindern. Dafür sollte ein Teil der Netznutzungsentgelte auf Grundlastkraftwerke verlagert werden, weil diese das Übertragungsnetz sehr stark beanspruchen.

Stromnetze und Vernetzung

Die Stromnetze sollten bedarfsgerecht ausgebaut werden, um erneuerbaren Strom zu den Verbrauchern zu bringen. Die nächsten Schritte der Energiewende dürfen nicht nur aus deutscher Perspektive konzipiert und umgesetzt werden. Die stärkere Vernetzung mit unseren europäischen Nachbarn, aber auch die Übertragbarkeit und Ausstrahlungseffekte der Energiewende und ihre Unterstützung in anderen Teilen der Welt sind zentrale Anforderungen für die Energiewende in Deutschland.

Hier haben wir gute Erfahrungen gemacht, die Planungen frühzeitig und transparent mit Bürgern vor Ort zu diskutieren.

Gute Innovationspolitik

Die Reduzierung der Treibhausgasemissionen braucht vielfältige Innovationen wie neue Technologien und Geschäftsmodelle. Wir müssen daher eine Innovationspolitik fördern, die die technische Machbarkeit, die wirtschaftliche Tragbarkeit und die gesellschaftliche Akzeptanz im Blick hat.

Zur gesamten Jubiläumsschrift „Heute. Morgen. Zukunft. Visionen und Wege für eine nachhaltige Gesellschaft“ des Öko-Instituts 

Keine Kommentare

Neuer Kommentar

* Pflichtfelder