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Einfamilienhäuser effizienter nutzen – Was wollen die Eigentümer*innen?

Wohnraummangel ist in aller Munde. Gleichzeitig gibt es ein großes, ungenutztes Potenzial: den Einfamilienhausbestand. 68 Prozent der Einfamilienhaus-Eigentümer*innen leben in Ein- bis Zweipersonenhaushalten mit überdurchschnittlich großer Wohnfläche. Tanja Kenkmann fasst die Ergebnisse einer Metastudie von 21 Befragungen deutscher Kommunen zu Wohnwünschen im Alter zusammen.

Die momentane Lage: Große Wohnflächen für wenig Personen

Bei den Bewohner*innen von Einfamilienhäusern handelt es sich häufig um ältere Menschen in der Nachfamilienphase, die das Haus nicht mehr komplett nutzen können oder wollen. Die Fläche wird nicht mehr benötigt oder ist, zum Beispiel im Obergeschoss, nicht mehr erreichbar. Trotz einer hohen Bindung an das Haus ist die Wohnsituation aus weiteren Gründen nicht mehr ideal: Die Gebäude sind nicht barrierearm, oft in schlechtem baulich-energetischen Zustand und aufwändig im Unterhalt. Dabei bewohnen Einpersonenhaushalte eine durchschnittliche Pro-Kopf-Wohnfläche von 101 qm und Zweipersonenhaushalte eine von 62 qm - deutlich mehr als der bundesweite Durchschnitt. Gleichzeitig fehlt familiengerechter Wohnraum; insbesondere der Bedarf an Einfamilienhäusern für junge Familien kann nicht gedeckt werden.  

Wie möchten die Menschen wohnen?

Viele Kommunen beschäftigen sich mit der Frage, wie ihre Einwohner*innen (im Alter) wohnen möchten. Wissenschaftlerinnen am Öko-Institut haben Ergebnisse von 21 Befragungen deutscher Kommunen verschiedener Größe und Lage von 2010 bis 2022 ausgewertet und dabei ermittelt, welche Wünsche und Erwartungen an das Wohnen im Alter vorhanden sind. Zwischen 42 und 2.434 Menschen pro Kommune wurden befragt; im Durchschnitt waren es 484. Befragt wurden Menschen in verschiedenen Regionentypen, am häufigsten im ländlichen Raum. Mehr als drei Viertel der Umfragen richteten sich an Menschen in der Nachfamilienphase (50 Jahre und älter). Viele der Umfragen bezogen alle Wohnverhältnisse (Miete / Eigentum, Haus / Wohnung) mit ein. In kleinen Gemeinden bedeutet das oft über 90 Prozent Hauseigentümer*innen.

Wer wurde befragt?

Viele Menschen können sich einen Umzug vorstellen

Obwohl noch immer die meisten Menschen am liebsten zu Hause bleiben wollen, können sich viele einen Umzug vorstellen. Die höchste Zustimmung finden allgemeine Statements, zum Beispiel „Diese Möglichkeit kann ich mir vorstellen.“ Die geringste Zustimmung finden Aussagen, die nach konkreten Plänen fragen, wie „Planen Sie in der nächsten Zeit umzuziehen?". „Junge Ältere“ können sich einen Umzug eher vorstellen als Hochbetagte. Außerdem ist die Zustimmung höher, wenn nicht nur „ja“ oder „nein“, sondern auch „eher / eventuell“ geantwortet werden kann. Den Umzug in eine Senioren-WG können sich beispielsweise 17 bis 38 Prozent, im Mittel 23 Prozent der Befragten vorstellen.

Wohin können sich die Menschen einen Umzug vorstellen?

Die Zahlen hinter den Antwortoptionen auf der x-Achse geben an, wie viele Umfragen sich mit dieser Möglichkeit befasst haben; auf der y-Achse ist die Spanne der Anteile der Befragten, die der jeweiligen Aussage zustimmen, dargestellt

Viele Menschen wären mit weniger Wohnraum zufrieden

Die meisten Befragten wünschen sich für ihre zukünftige Wohnung drei Zimmer und zwischen 60 und 80 qm Wohnfläche. Damit ist die gewünschte Wohnfläche in der Regel geringer als die, die aktuell zur Verfügung steht.

Auch das Teilen des eigenen Einfamilienhauses mit anderen Menschen ist denkbar

Zwischen 9 und 21 Prozent können sich vorstellen, ohne Umbau andere Menschen in ihr Haus mit aufzunehmen; mit einem vorherigen Umbau steigt der Anteil auf 17 bis 26 Prozent. Durchschnittlich 20 Prozent können sich vorstellen, in ein neues kleineres Gebäude auf demselben Grundstück („Altenteil“) zu ziehen. Die höchste Zustimmung finden Optionen, wo Verwandte oder Freund*innen das Haus (mit)nutzen. Insgesamt wurden diese Möglichkeiten jedoch nur selten untersucht.

Können sich Eigentümer*innen eines Einfamilienhauses eine Verdichtung im Gebäude / auf dem Grundstück vorstellen?

Die Zahlen hinter den Antwortoptionen auf der x-Achse geben an, wie viele Umfragen sich mit dieser Möglichkeit befasst haben; auf der y-Achse ist die Spanne der Anteile der Befragten, die der jeweiligen Aussage zustimmen, dargestellt.

Alternativen zum Wohnen auf sehr großer, nicht mehr vollständig benötigter Fläche sind also denkbar. Eine Verkleinerung des Wohnraums ist für den*die Einzelne*n jedoch komplex; einer Veränderung der Wohnsituation stehen Hemmnisse gegenüber.

Die meisten Befragten fühlen sich an ihre Wohnung oder ihr Haus gebunden

Ob und welche anderen Hemmnisse bestehen, variiert in den verschiedenen Befragungen sehr stark. Es hängt von der Region ab, aber auch davon, was genau gefragt wird. Nach „Finanziellen Hemmnissen“ wurde beispielsweise in elf Befragungen gefragt; die Spanne der Befragten, die finanzielle Hemmnisse als Hindernis für eine Änderung der Wohnsituation nennen, reicht von 0 bis 70 Prozent, im Durchschnitt sind es 25 Prozent. Darunter können zum Beispiel Investitionskosten für den Umbau, hohe Kosten einer neuen, kleineren Wohnung oder für den Umzug gemeint sein. Mit „fehlendes Angebot“ kann zum Beispiel ein Angebot an „Wohnungen“, „geeigneten Wohnungen“ oder „geeigneten Wohnungen am Ort“ gemeint sein. Aus verschiedenen Gründen kann eine Veränderung zu kompliziert sein, dazu gehören fehlendes Wissen, hoher Aufwand, Überforderung. Besonders beim Teilen der Wohnung mit Anderen werden soziale Probleme befürchtet: etwa fehlende Privatheit, Konflikte oder nicht vertrauenswürdige Mieter*innen.

Welche Hemmnisse sehen die Befragten für eine Veränderung der Wohnsituation?

Die Zahlen hinter den Antwortoptionen auf der x-Achse geben an, wie viele Umfragen sich mit dieser Möglichkeit befasst haben; auf der y-Achse ist die Spanne der Anteile der Befragten, die der jeweiligen Aussage zustimmen, dargestellt.

Gutes Infrastrukturangebot ist wichtig

Wichtiges Merkmal einer Alternativwohnung ist ein gutes Angebot an Einkaufsmöglichkeiten, medizinischer Versorgung, ÖPNV-Anbindung sowie Grün- und Freiflächen. Auch soziale Kontakte sind sehr vielen Menschen wichtig. Einer großen Mehrheit ist es außerdem wichtig, im gleichen Stadtteil oder Ort zu bleiben.

Barrierefreiheit wird ebenfalls von einer Mehrheit gewünscht. Konkrete Merkmale wie „Aufzug“ oder „barrierefreies Bad“ erhalten dabei mehr Zustimmung als das allgemeine Merkmal „Barrierefreiheit“.

Gewünschte Merkmale für eine neue Wohnung

Die Zahlen hinter den Antwortoptionen auf der x-Achse geben an, wie viele Umfragen sich mit dieser Möglichkeit befasst haben; auf der y-Achse ist die Spanne der Anteile der Befragten, die der jeweiligen Aussage zustimmen, dargestellt.

Eigentümer*innen brauchen Unterstützung bei der Verkleinerung ihres Wohnraums

Etwa 20 Prozent der älteren Eigentümer*innen von Einfamilienhäusern können sich vorstellen, in ihrem Haus Wohnraum für andere Menschen freizugeben oder in eine kleinere Wohnung umzuziehen. Bei mehr als 17 Millionen Ein- und Zweifamilienhäusern in Deutschland, deren Eigentümer*innen zu 53 Prozent älter als 55 Jahre sind, ist dies ein enormes Potenzial an Wohnraum. Um dieses Potenzial zu heben, müssen jedoch die richtigen Voraussetzungen geschaffen werden. Zum einen stehen den „willigen“ Eigentümer*innen emotionale, organisatorische und finanzielle Hemmnisse entgegen, die überwunden werden müssen. Zum anderen fehlt es häufig schlicht an geeigneten Wohnalternativen möglichst im gleichen Stadtteil oder Ort, die attraktiv und bezahlbar sind.

Tanja Kenkmann ist Senior Researcher und Projektleiterin im Bereich Energie & Klimaschutz am Standort Freiburg. Seit 2015 beschäftigt sie sich in verschiedenen Projekten mit den Potenzialen der effizienten Wohnraumnutzung und den Politikinstrumenten, diese zu heben.

Weitere Informationen

(In Kürze) abrufbar unter https://wohnen.oeko.info

Studie "Leeres Nest – Neuer Start? Wohnraum im Einfamilienhausbestand erschließen" des Öko-Instituts

Präsentation "Wohnraum klüger nutzen. Potenziale, Hemmnisse, Strategien für den Einfamilienhausbestand" von Tanja Kenkmann, Dr. Corinna Fischer und Daniela Gargya

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